„Was liegt, das pickt.“
Was liegt, das pickt! (Deutsch)
Bedeutungen:
[1] österreichisch: eine bereits vorgenommene Handlung, eine getätigte Aussage kann nicht mehr zurückgenommen, rückgängig gemacht werden; was einmal ausgemacht wurde, das hat zu gelten
Herkunft:
nach einer Grundregel aus dem Kartenspiel: wer eine Spielkarte bereits auf den Tisch gelegt hat, der kann sie nicht mehr zurücknehmen; picken ist ein österreichisches Wort für kleben
So sagt man in Bayern und Österreich. Und so denkt man in Berlin. Gestern wurde der Eilantrag von Röder Feuerwerk gegen das Verkaufsverbot vom VG Berlin abgeschmettert. Wieder zeigt sich unsere Gerichtsbarkeit als willfähriger Handlanger der Politik.
Ignoranz ist der rote Faden
Bemerkenswert dabei ist die vollkommene Resistenz gegen jedwede Argumente und das Desinteresse für Fakten und belegbare Zahlen. Die vage Argumentation ist rein politisch und allein darauf ausgerichtet die politischen Entscheidungen zu stützen. Leider ist dieses Bestreben nach den Erfahrungen des vergangenen Jahres nur bedingt überraschend. Allerdings hatten wir die berechtigte Hoffnung aufgrund unserer dieses Jahr belegbaren Argumente und Fakten, dass eine wirkliche Auseinandersetzung damit stattfinden würde und damit eine gute Chance für uns bestand.
Nachfolgend zitieren wir einige Abschnitte aus der Ablehnung des Eilantrages, vor allem aus dem Argumentationsbereich, der die Fakten betrifft. Rein juristisches Paragraphen-Sparring lassen wir außen vor.
Hat man unseren Eilantrag eigentlich überhaupt gelesen?
Diese Frage stellt sich an der einen oder anderen Stelle durchaus. So liest man folgendes in der Ablehnung:
„Das Überlassungsverbot ist schließlich auch unter Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen der Antragstellerin angemessen. Zwar weist die Antragstellerin darauf hin, dass sie mit dem Verkauf von Silvesterfeuerwerk der Kategorie F2 zum Jahreswechsel stets den größten Teil ihres Jahresumsatzes erzielt. Insoweit erscheint es allerdings als offen, ob die Antragstellerin nicht doch anderweitige Absatzmöglichkeiten im Ausland finden kann. Dass dies vollkommen unrealistisch wäre, drängt sich der Kammer jedenfalls nicht auf. Außerdem erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass zumindest ein Teil der Ware noch zu Silvester 2022/23 abgesetzt werden kann. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin den vom Überlassungsverbot betroffenen Unternehmen Überbrückungshilfen zur Verfügung stellt, um die damit verbundenen Belastungen abzumildern. Dass diese offen-sichtlich unzureichend wären, drängt sich jedenfalls bei summarischer Prüfung nicht auf.(…)“
Ein kleiner Tipp, wie das rechtlich und zeitlich gehen soll (mit dem Absatz ins Ausland) wäre hilfreich!
Wir hatten in unserem Antrag (nachdem dieser Unsinn schon im letzten Jahr an uns herangetragen wurde) dazu deutlich Stellung bezogen und dargelegt, dass dies nicht so einfach, bzw. überhaupt nicht möglich ist. Gut – die Holländer hätten vielleicht Interesse, aber da war doch was? Es handelt sich eben um Feuerwerk und nicht um Nudeln, und im Ausland haben die Konsumenten in der Regel ganz andere Möglichkeiten und das über das ganze Jahr! Unsere 20 g-Raketen braucht da eher niemand.
Eine Eilentscheidung ist nicht geeignet Ergebnisse einer Hauptverhandlung vorweg zu nehmen
„Dem Wesen und Zweck des Verfahrens nach § 123 Abs. 1 VwGO entsprechend, kann das Gericht im Wege der einstweiligen Anordnung grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon das gewähren, was Ziel eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens wäre. Begehren Antragsteller, wie hier, die Vorwegnahme der Hauptsache, kommt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nur dann in Betracht, wenn ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und den Rechtsschutzsuchenden andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 17. Oktober 2017 – OVG 3 S 84.17 und OVG 3 M 105.17, juris Rn. 2, sowie vom 28. April 2017 – OVG 3 S 23.17, juris Rn. 1; vgl. ferner Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 123 Rn. 13 ff. m.w.N.).„
Allerdings ist die Ausflucht man könne hier keine Entscheidung vorwegnehmen, die das Ziel eines Hauptverfahrens sei, wird durch die Tatsache, dass das Nichtfällen einer Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt in Verbindung mit der vorhergehenden unredlichen Verzögerungstaktik der Regierung und der Tatsache, dass die letztjährigen Hauptverfahren noch nicht einmal terminiert sind, ad absurdum geführt.
„…nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre…„
Gelaufen ist gelaufen. Der Schaden entsteht jetzt! Ein Hauptverfahren kann dies niemals nachträglich ausgleichen! Und wann soll das sein? Wenn alle pleite sind in fünf Jahren?
Wenn man alle Argumente ignoriert kommt man freilich zu folgendem Schluss:
„Vorliegend hat die Antragstellerin das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht in einer auf die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Weise glaubhaft gemacht. Nach der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung ist nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich das angegriffene Überlassungsverbot von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.„
Sture Wiederholung von Allgemeinplätzen ohne Berücksichtigung aktueller Daten als Grundlage für eine Entscheidung?
„Durch die Nutzung von Feuerwerkskörpern komme es vielfach zu Unfällen mit teils schweren Verletzungsfolgen (BR-Drs. 839/21, S. 2). Dass Anlass für das ganzjährige Überlassungsverbot die aufgrund des aktuellen Corona-Infektionsgeschehens aufgetretenen Engpässe in der medizinischen Versorgung sind, wie die Verordnungsbegründung hervorhebt (siehe BR-Drs. 839/21, S. 2: „Im Dezember 2021 ist die Auslastung der Intensivbetten in Krankenhäusern deutschlandweit pandemiebedingt erneut sehr hoch und bereits höher als im Vergleichszeitraum 2020.(…)“
Da heben wir allerdings ein anderes Bild bekommen:
„(…)In Teilen Deutschlands steht eine Überlastung der Gesundheitsversorgung unmittelbar bevor oder ist bereits eingetreten. Angesichts der hohen Infektionszahlen ist eine Entspannung der Situation in den Krankenhäusern zum Jahresende nicht absehbar.(…)„
Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer („Jahresende“) sieht das aber anders aus: Die Zahlen sind gesunken und sinken weiter!
„(…)Es ist daher geboten, auch in diesem Jahr eine weitere Belastung durch Verletzungen im Zusammenhang mit Feuerwerk zu verhindern.“), nimmt der Regelung nicht ihren sprengstoffrechtlichen Charakter, die den von der Nutzung von Silvesterfeuerwerks herrührenden Gefahren begegnen will. Denn die in der Verordnungsbegründung angesprochene Schonung der Krankenhäuser, die in der Pandemie nicht zusätzlich mit der Behandlung von durch Silvesterfeuerwerk verletzten Personen belastet werden sollen, ist lediglich Motiv für das Tätigwerden des Verordnungsgebers.„
Ein edles Motiv, die Maßnahme macht trotzdem keinen Sinn.
Die Fakten belegen zwar das Gegenteil, aber das VG Berlin sieht das anders:
„Der Gesundheitsschutz erfordert es, das Überlassungsverbot innerhalb kürzester Frist in Kraft zu setzen, da die Annahme des Verordnungsgebers nachvollziehbar ist, dass die Krankenhäuser mit der Behandlung von durch Silvesterfeuerwerk verletzten Personen zusätzlich und über ihre Ressourcen hinausgehend belastet werden würden.„
Wo wurde denn das Verbot kurzfristig in Kraft gesetzt? Verkündung am 2. Dezember, in Kraft getreten ist es am 24. Dezember. Kurzfristig ist auch relativ. Und wo sind die Verordnungen, die unsere Krankenhäuser entlasten durch Verbot von Skifahren, E-Scooter-Benutzung, Schlittschuhlaufen und vor allem Sektflaschen?
Schnelles Handeln war geboten, das erklärt auch die Verzögerungen…
„Bei summarischer Prüfung ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die angegriffene Regelung nicht dem Verordnungsgeber hätte überlassen werden dürfen, sondern dem Gesetzgeber selbst vorzubehalten gewesen wäre. Zwar verpflichten das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes den Gesetzgeber, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen, wobei es vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes abhängt, wann es aufgrund der Wesentlichkeit einer Entscheidung einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf. Art. 80 Abs. 1 GG ermöglicht es dem Gesetzgeber jedoch auch, von einer detaillierten gesetzlichen Regelung abzusehen und die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber zu überlassen, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. November 2020 – OVG 11 S 120/20, juris Rn. 29). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dieser Aspekt es gerade zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemie erlaubt, eine Regelung im Verordnungswege anstelle in einem vergleichsweise schwerfälligen, längere Zeit in Anspruch nehmenden Gesetzgebungsverfahren zu treffen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. November 2020 – OVG 11 S 120/20, juris Rn. 29). Diese Überlegung trägt auch hier. Die im Verordnungswege getroffene Regelung soll den Gefahren der Nutzung von Silvesterfeuerwerk der Kategorie F2 durch Verbraucher begegnen, wozu § 6 Abs. 1 Nr. 4 SprengG ausdrücklich ermächtigt. Vor dem Hintergrund, dass aufgrund des aktuellen Corona-Infektionsgeschehens derzeit Engpässe in der medizinischen Versorgung bestehen, ermöglicht das Instrument der Rechtsverordnung eine schnelle und zielgenaue Intervention, um eine an diesen Umständen ausgerichtete aktuelle Einschätzung der Gefahrenlage normativ umzusetzen. An dieser Bewertung ändert sich nichts dadurch, dass nunmehr schon zum zweiten Mal in Folge das Überlassungsverbot durch Rechtsverordnung auf das ganze Jahr ausgedehnt worden ist. Einerseits ist schnelles Handeln angesichts der gegenwärtig starken Belastung der Krankenhäuser geboten, die sich noch vor wenigen Monaten nicht abzeichnete.„
Aha. Seit Juli wird gewarnt, seit Oktober war eine entsprechende Entwicklung bei den Infektionen erkennbar, die Zahlen stiegen. Aber es hat sich nichts abgezeichnet…
Die deutsche Insellösung ist sinnlos aber legal. Egal.
„Bei summarischer Prüfung ist auch nicht von einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG auszugehen. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. (…) Dass im Übrigen abweichende Regelungen insbesondere in den Nachbarstaaten der Antragsgegnerin bestehen, verletzt den Gleichheitssatz grundsätzlich nicht, weil Art. 3 Abs. 1 GG nur die Gleichbehandlung im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Gesetz- bzw. Verordnungsgebers fordert (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. August 2021 – OVG 11 S 84/21, juris Rn. 66). Deshalb führt es auch nicht auf einen Gleichheitsverstoß, dass der Erwerb von pyrotechnischer Munition (zur Zulässigkeit des Schießens damit aus Abschussbechern von SRS-Waffen siehe etwa Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Auflage 2020, Rn. 530; N.Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 12, Rn. 37) weiterhin möglich bleibt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass dem Bundesministerium des Innern und für Heimat insoweit die Befugnis eingeräumt wäre, ein Überlassungsverbot zu regeln.„
Wir hatten es dargelegt und belegt. Wer auch immer sich mit Thema beschäftigt muss es einsehen, aber…
„Das Verbot ist geeignet, die Zahl der durch das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk der Kategorie F2 verletzten Personen zu vermindern. Es ist allgemein bekannt, dass das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk der Kategorie F2 jährlich zu einer Vielzahl gravierender Verletzungen führt, etwa Augenverletzungen (bis hin zum vollständigen Verlust der Sehkraft), sowie zum Verlust von einzelnen Gliedmaßen, insbesondere von Fingern. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der im Internet abrufbaren Stellungnahme des Bundesverbands Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V. vom 29. November 2021 (https://media.bvpk.org/covid/20211129_positionspapier_covid_feuerwerk.pdf). Darin und in den dort genannten Quellen wird gerade nicht in Abrede gestellt, dass der Gebrauch von Silvesterfeuerwerk behandlungsbedürftige Verletzungen hervorruft (siehe S. 2 der Stellungnahme), sondern lediglich die Behauptung aufgestellt, dass der Anteil von Personen, die wegen einer Verletzung durch Silvesterfeuerwerk be-handlungsbedürftig seien, im Vergleich zu den aus sonstigen Gründen behandlungsbedürftigen Personen zu vernachlässigen sei. In der Sache keine andere Aussage trifft das im Internet abrufbare Papier der Antragstellerin (https://shop.roeder-feuerwerk.de/media/pdf/73/4e/95/Feuerwerk-Verbot-Fakten-Daten-Relationen.pdf; siehe dort S. 17 f.). Diese Behauptung trifft allerdings nicht zu.„
Das Zusammenwirken mit anderen Maßnahmen, wie Ausgangsperren oder Kontaktbeschränkungen wird eben mal ignoriert…
„Nach summarischer Prüfung ist vielmehr davon auszugehen, dass das Überlassungsverbot aus dem Vorjahr zu einer spürbaren Entlastung der Krankenhäuser geführt hat. So werden in der Silvesternacht und am Neujahrstag in die Notaufnahme des Unfallkrankenhauses Berlin üblicherweise 50 bis 75 Menschen eingeliefert, darunter solche mit schweren Verbrennungen und Verletzungen durch Silvesterfeuerwerk. Im vergangenen Jahr sank die Zahl dieser Personen jedoch auf zehn (siehe https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2021/12/berlin-boellerverbot-verletzte-krankenhaus-pyrotechniker-insolvenz.html). Entsprechende Zahlen gibt es auch für das Bundesland Bremen. Die Zahl der Rettungsdiensteinsätze in der Nacht des Jahreswechsels 2020/2021 hat dort gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein Drittel abgenommen. Während es in der Silvesternacht 2019/2020 166 Rettungsdiensteinsätze gegeben habe, seien es im letzten Jahr 102 Rettungsdiensteinsätze gewesen (zitiert nach OVG Bremen Beschluss vom 21. Dezember 2021 – OVG 1 B 475/21, BeckRS 2021, 39768 Rn. 47). Im Übrigen nimmt die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die von der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung genannten Quellen, die ebenfalls einen spürbaren Rückgang der wegen Verletzungen infolge des Gebrauchs von Silvesterfeuerwerks behandlungs-bedürftigen Personen belegen.„
Dass dieses Jahr die Leute vorgewarnt waren und mehr Menschen auf alternative Einkaufsquellen gestoßen wurden, kann man wohl getrost vernachlässigen.
Die grenznahen Händler im benachbarten Ausland haben dieses Jahr das Geschäft ihres Lebens gemacht. Illegale Onlineshops im Ausland versorgen Jeden jeden Alters mit Feuerwerkskörpern aller Kategorien, ob mit oder völlig ohne Zulassung. Und versendet wird die Ware dann nicht als Gefahrgut, sondern als normale Postsendung. Die Versandunternehmen und deren Boten haben keinen Ahnung davon, welch brisante Fracht sie da im Lager oder Auto haben. Aber das macht ja nichts.
„Die Eignung des Verbots wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass allein mit dem Überlassungsverbot aus § 22 Abs. 1 Satz 1 der 1. SprengV nicht jedes Silvesterfeuerwerk unterbunden werden kann. Hierzu müsste zusätzlich die Einfuhr von Feuerwerkskörpern aus dem Ausland untersagt werden und generell das Abbrennen von Feuerwerk verboten werden. Abgesehen davon, dass diese zusätzlichen Verbote jedenfalls teilweise von den zuständigen Behörden angeordnet worden sind, stellt das hier gegenständliche Überlassungsverbot eine geeignete Maßnahme dar, um die Zahl der in den Verkehr gelangenden Feuerwerkskörper und damit die Zahl der Verletzten zum Jahreswechsel 2021/22 zu vermindern. Im Übrigen ist durch das oben Gesagte zur Belastung der Notaufnahmen und der Rettungsdienste anlässlich des Jahreswechsels 2020/2021 widerlegt, dass es zu einer gleichbleibenden, wenn nicht gar höheren Zahl von Verletzungen durch ein wie auch immer geartetes Ausweich- und Umgehungsverhalten – in erster Linie durch Erwerb von nicht im Bundesgebiet zugelassenem Silvesterfeuerwerk – kommt (siehe auch OVG Bremen Beschluss vom 21. Dezember 2021 – OVG 1 B 475/21, BeckRS 2021, 39768 Rn. 47, zumal anzunehmen ist, dass das Überlassungsverbot es der Polizei und den Ordnungsbehörden erleichtern wird, den Verkauf, vor allem aber die Nutzung illegalen Silvesterfeuerwerks effektiv zu unterbinden (vgl. BR-Drs. 839/21, S. 2).„
Genau. Und Weihnachtsmann und Osterhase existieren wirklich. Wie wirklichkeitsfremd ist das denn?
Wie kann das Überlassungsverbot den Ordnungsbehörden die Unterbindung der Nutzung illegalen Silvesterfeuerwerks erleichtern? Da ist die Kammer aber beim logisch Denken hart falsch abgebogen. Wie auch bereits der Bund Deutsche Kriminalbeamte in Vorfeld befürchtet hat und wie es nun auch zu beobachten ist, hat das Überlassungsverbot zu einer Zunahme der Einfuhr von Feuerwerk aus dem Ausland, inklusive hier nicht legaler Feuerwerkskörper geführt. Das erleichtert höchsten insofern die Arbeit der Polizei, das die Nutzung häufiger anzutreffen ist, die Unterbindung dieser sicher nicht.
„Das Überlassungsverbot ist auch erforderlich, weil kein milderes Mittel ersichtlich ist. Eine Kontingentierung der Abgabe von Feuerwerk der Kategorie F2 hätte keine vergleichbar effektive Wirkung und wäre zudem wohl kaum durchzusetzen. Ebenso wäre die Beschränkung allein auf ein Abbrennverbot nicht gleich wirksam. Denn hier wäre ein starker Anreiz gegeben, sich über das Verbot hinwegzusetzen und das zahlreich erworbene Silvesterfeuerwerk tatsächlich abzubrennen.„
Ja, genau – das liest man zu einem Zeitpunkt, an dem man seit 4 Wochen zusehen kann, wie Shops in Polen, Tschechien, Dänemark, Österreich, Belgien und sogar Luxemburg von Deutschen (und je nachdem auch Holländern) leergeräumt werden. Mehrere Stunden Wartezeit und Anreise inklusive. Justitia ist manchmal eben tatsächlich blind.
Es ist natürlich bei weitem besser, wenn sich die Menschen mit illegalem Feuerwerk über die nun auch ausgesprochenen Abbrennverbote hinwegsetzen. Es ist so ein Unsinn!
„Mit der beabsichtigten Vermeidung von Verletzten durch das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk der Kategorie F2 soll eine weitere Belastung dieser sehr angespannten Situation vermieden werden, was als jedenfalls vertretbare Intention erscheint. Isoliert betrachtet mag es zutreffen, dass die zusätzliche Anzahl an Verletzten durch die Krankenhäuser noch zu bewältigen wäre. Dies würde aber notwendigerweise zu Lasten der ins gesamt angespannten personellen Situation gehen und die Behandlung der zahlreichen COVID-19-Patienten potentiell beeinträchtigen. Denn eine medizinische Versorgung von niedergelassenen Ärzten ist in der Zeit des Jahreswechsels, in der das Silvester-Feuerwerk abgebrannt wird, in der Regel nicht zu erlangen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Dezember 2020 – OVG 11 S 135/20, juris Rn. 5; vgl. auch OVG Bremen Beschluss vom 21. Dezember 2021 – OVG 1 B 475/21, BeckRS 2021, 39768 Rn. 47). Auch im Übrigen ist es nicht offenkundig fehlerhaft, dass der Verordnungsgeber hier der grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates für die überragend wichtigen Rechtsgüter Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) den Vorrang gegenüber den Rechtsgütern der Antragstellerin eingeräumt hat (siehe Beschluss der Kammer vom 23. Dezember 2020 – VG 1 L 451/20, juris Rn. 25).„
Offensichtlich fehlerhaft ist so manches hier.
Wie gesagt – dies sind nur einige Punkte in Auszügen. Europarechtliche und rein rechtsgrundlagenbezogene Dinge haben wir hier der schieren Menge und Unverständlichkeit für Laien weggelassen. Wir haben uns auf die allgemein verständlichen und faktenbezogenen Punkte beschränkt.
Ein Eindruck von der bemerkenswerten Argumentation des Gerichts sollte an dieser Stelle vermittelt sein.
Es ist letztlich beschämend wir hier mit aller Gewalt der Regierung juristisch die Stange gehalten wird. Sinn und Unsinn spielen keine Rolle. Das ist aber im Verlauf der Pandemiebekämpfung auch nicht neu. Wir hätten mal besser einen Antrag auf Verbot des Wahlkampfes stellen sollen. Wir stünden dann tatsächlich vielleicht anders da…
Wie geht es weiter?
Wir könnten nach der Ablehnung des Eilantrags nun noch vor das OVG ziehen, wobei mit höchster Wahrscheinlichkeit analog zum letzten Jahr eine gleichlautende Entscheidung mit gleicher Begründung erfolgen würde. Die Fahrtrichtung der Gerichte zum jetzigen Zeitpunkt ist klar. Es wäre nach unserer Ansicht lediglich Geldverschwendung für uns an dieser Stelle weiter zu machen. Der BVPK wird ohnehin noch das OVG bemühen und das reicht dann auch. Selbstverständlich wünschen wir für diese Klage viel Erfolg und drücken die Daumen. Es wäre wunderbar, wenn dieser Weg noch von Erfolg gekrönt würde. Wir setzen aber nun auf das/die Hauptverfahren (Zur Erinnerung: auch vom letzten Jahr ist noch das Hauptverfahren anhängig). Die Situation hinsichtlich des Verkaufs/Auslieferung jetzt noch zu ändern, halten wir für sehr unwahrscheinlich. So schwer es auch fällt, müssen wir den Tatsachen ins Auge sehen und den Fokus auf eine positive Rechtsgrundlage für die Zukunft setzen.